Könige, Priester und Propheten

Nun ist es gekommen, wie viele es schon befürchtet hatten: Nur noch zwei Priester betreuen unsere große Pfarrei mit insgesamt sechs Standorten, denn Pastor Serafin wurde in die Pfarrei St. Ansgar im Raum Rendsburg/Eckernförde  versetzt, weil dort die Not noch größer war als bei uns. Und viele fragen sich, wie es weitergehen soll mit unserer Kirche bei diesem Priestermangel.

Aber vielleicht ist der Priestermangel ja auch ein Zeichen der Zeit, das unseren Blick richtet auf das allgemeine Priestertum, zu dem alle Getauften berufen sind. In der Taufe wurden wir alle mit Chrisam zu Königen, Priestern und Propheten gesalbt, und der Heilige Geist wurde über uns ausgegossen.

Im ersten Petrusbrief ist zu lesen: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft…“ (1Pet2,5). Auch das zweite vatikanische Konzil spricht in Lumen gentium vom  allgemeinen Priestertum aller Getauften, das dem Weihepriestertum zugeordnet, aber nicht untergeordnet ist.

Was bedeutet es, als Getaufte/r König und Priester zu sein?

Könige sollten sich ihrer Würde bewusst sein. Sie müssen auch die Würde anderer respektieren, Verantwortung übernehmen und sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen.

Und wie können wir unserer Beauftragung als Priester gerecht werden?

Schauen wir auf Jesus, unseren Hohenpriester.

  • Jesus sprach direkt und unvermittelt mit  Gott, den er seinen Vater nannte, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Er lobte und dankte Gott, trug ihm aber auch seine Unsicherheiten und Klagen vor. Auch wir können alles vor Gott tragen, an jedem Ort, mit unseren eigenen Worten, in unseren Gedanken, denn jeder Gedanke an Gott ist schon ein Gebet.
  • Jesus hörte und las die Worte der Heiligen Schrift seines Volkes, der Thora. Er dachte über das Gehörte nach und diskutierte mit anderen darüber. Dies tat er in der Synagoge, aber auch an öffentlichen Plätzen. Er sprach zu den Menschen über die frohe Botschaft, dass Gott die Menschen liebt und das Reich Gottes schon angebrochen ist. Das können wir auch tun, in jedem Gottesdienst (nicht nur in der Messe), beim Gespräch mit anderen, beim Bibelteilen, im Unterricht, beim Studium, bei Diskussionen.
  • Und vor allem dies: Jesus sah die Menschen an, denen er begegnete. Er sorgte sich um sie. Er befreite sie von ihren Ängsten, von ihren Verwirrungen, von ihrer Mutlosigkeit, ihrer Blindheit und von ihrer Isolation. Er führte sie in die Gemeinschaft mit den Anderen und mit Gott. Auch wir sind berufen, (Seel)sorgende für andere zu sein und so das Reich Gottes sichtbar werden zu lassen.

Ja, die Kirche braucht mehr Priester, die sich den Menschen zuwenden können, die Zeit für Gebet und das Studium der Heiligen Schrift haben und die Sakramente spenden. Darum sollten wir Gott bitten. Aber ich denke, die Kirche muss auch dazulernen und die Berufungen anerkennen, die sie bisher abgelehnt hat, z.B. die Berufungen von Frauen oder von Verheirateten.

Und die Kirche braucht uns alle, die Getauften, die heilige Priesterschaft als Mittler zwischen Gott und den Menschen. Am Ende der Messe ist (oft) ein wichtiger Satz zu hören, der den Auftrag an uns alle ausdrückt:

„Ite, missa est – Geht, ihr seid gesendet!“ Nun seid ihr gestärkt, geht jetzt hinaus in die Welt, hin zu den Menschen!

Als Könige, Priester und Propheten!

Doris Sander
Gemeindeteam Wedel