Viele Menschen sehen mit gemischten Gefühlen der dunklen und trüben
Herbstzeit entgegen. Insbesondere der November gehört wohl nicht zu den beliebtesten Monaten. Zu Beginn des Monats November feiern wir zwei katholische Feiertage, Allerheiligen und Allerseelen. Man könnte meinen, beide Tage passen in den trüben November. Das liegt vielleicht auch daran, dass man sie dem Totengedenken widmet. Das trifft wohl insbesondere auf Allerseelen zu, aber das Fest Allerheiligen bietet viel mehr.
Allerheiligen könnte man auch als das Osterfest des Herbstes bezeichnen, ein Tag des Lebens über den Tod hinaus. Es ist ein „Sammelfest für alle Heiligen“, bei dem die Kirche nicht nur der vom Papst heiliggesprochenen Frauen und Männer gedenkt, sondern auch jener Menschen, die ihren Glauben eher unspektakulär und still gelebt und ihr Christentum konsequent verwirklicht haben. Nach der heiligen Mutter Teresa bedeutet heilig sein, Gott zu erlauben, „sein Leben in uns zu leben“.
Im Jugendkatechismus wird das wie folgt erklärt: „Zur Gemeinschaft der
Heiligen gehören alle Menschen, die ihre Hoffnung auf Christus gesetzt
haben und durch die Taufe zu ihm gehören, ob sie bereits gestorben sind
oder noch leben. Weil wir in Christus ein Leib sind, leben wir in einer Himmel und Erde umspannenden Gemeinschaft.“ Diese sehr schöne Erklärung lässt uns in österlicher Hoffnung als zur Auferstehung berufene Gemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen erscheinen.
Ich bin nach wie vor sehr beeindruckt davon, wie Allerseelen und
Allerheiligen in Mexiko gefeiert werden. Sind es bei uns eher stille
Feiertage, so wird der „Día de los Muertos“, an dem traditionell der
Verstorbenen gedacht wird, nicht als Trauerveranstaltung, sondern als ein farbenprächtiges Volksfest zu Ehren der Toten begangen.
Sicher ist es so, dass „der Tag der Toten“ seinen Ursprung in prähispanischen Kulturen wie den Azteken, Maya oder Tolteken hat. Für
die Ureinwohner Mexikos war der Tod eine natürliche und verlängerte
Phase des Lebens, in der die Seele einen neuen Lebensabschnitt beginnt,
wenn der Körper stirbt. Nach dem Volksglauben kehrten am Tag der Toten die Seelen für eine Weile zu den Familien auf die Erde zurück, um sie zu besuchen. Heute wird der „Día de los Muertos“ in ganz Mexiko in einer Mischung aus vorchristlichem Glauben und christlicher Tradition gefeiert. Die Menschen stellen farbenfrohe Kostüme, Masken und Figuren zur Schau, veranstalten karnevalsähnliche Festumzüge und Partys, bringen den geliebten Verstorbenen Gaben dar und singen, tanzen und grillen auf dem Friedhof. Dabei verabschiedet man sich am Ende von den Seelen bis zum nächsten Jahr.
Die fröhlichen Feierlichkeiten in Mexiko können in ihrer lebensbejahenden Form für uns ein Vorbild sein. Das Leben nach dem Tod, die Auferstehung und die Himmel und Erde umspannende Gemeinschaft in Christus werden damit transparent und verständlich.
Dass wir zu dieser Gemeinschaft dazu gehören, hören wir an Allerheiligen in der Lesung aus dem ersten Johannesbrief:
„Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es. Deshalb erkennt die Welt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes. Doch ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, heiligt sich, so wie er heilig ist.“
(1Joh 3, 1-3)
Da wir, so wie die uns Vorangegangenen, in dieser Hoffnung leben, ist
Allerheiligen unser gemeinsames Fest, das den November fröhlicher,
weniger trüb und lebendiger machen möge.
Jürgen Kuper
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