Liebe Leserin, lieber Leser,

im Laufe des Monats Juni erreicht die Sonne ihren sommerlichen Höchststand im Jahreslauf, bevor nach dem Sommeranfang die Tage schon wieder kürzer werden. Mit der Sommersonnenwende verbindet sich in manchen Gegenden noch altes Brauchtum. Die bei uns beliebten Grillpartys sind vermutlich eine moderne Variante dieser Traditionen. Als im frühen Mittelalter die heidnische Kultur nach und nach durch eine christliche ersetzt wurde, hat man die alten Bräuche nicht abgeschafft, sondern ihnen eine neue Bedeutung gegeben. So wurde aus der Sonnenwendfeier mit seinen Feuern das Geburtsfest des Täufers Johannes. Sechs Monate vor Weihnachten weist sein Feiertag am 24. Juni auf Christus hin, der das wahre Licht der Welt ist.
Johannes‘ Selbstverständnis ist, Gottes Knecht zu sein, sein Helfer. Er spricht von ihm und davon, was Gott von den Menschen erwarten kann. (Meistens wird die Frage bloß umgekehrt gestellt: Was kann ich als Mensch von Gott erwarten?). Die Menschen seiner Zeit spüren, daß eine Veränderung in der Luft liegt. Johannes holt sie bei diesem Lebensgefühl ab.
Wenn es stimmt, daß das erwachte Bewußtsein für die Bewahrung der Schöpfung, die brennende Frage nach der Zukunft Europas, das Ringen um eine zukunftsfähige Gestalt unserer Kirche und viele andere Prozesse Symptome dafür sind, daß Veränderung ansteht -: ist das nicht der Moment, in dem wir von Gott sprechen sollten? Davon, was bei ihm jeder Mensch zählt? Davon, was er uns zutraut? Davon, daß er in Jesus unser Mitmensch geworden ist, der uns zeigt, was Menschsein wirklich ist? Davon, wie eine Welt aussieht, in der Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde nicht nur Schlagworte sind, sondern alltägliche Wirklichkeit, weil Gott der Bezugspunkt allen Lebens und Handelns ist?
Die langen Sommerabende in diesen Wochen geben uns gute Möglichkeiten, mit Anderen ins Gespräch zu kommen. Nicht nur über das Wetter und über gesundheitliche Fragen und über die „lieben“ Nachbarn (da kann bekanntlich jede und jeder mitreden…). Sondern über Gott und das, was wir von ihm erfahren haben – beim Lesen der Heiligen Schrift, beim hörenden Gebet in der Stimme unseres Herzens.
Spannende und frohe Sommerabende wünscht Ihnen und Euch allen

Msgr. Bernward Mezger
Militärdekan