Liebe Gemeinde,
wer von uns möchte nicht dazugehören? Wer von uns fürchtet nicht ausgeschlossen zu werden? Wir alle möchten eingeladen werden, dabei sein dürfen. Um diese tiefe Erfahrung kreist die heutige Lesung und das Evangelium. Wir spüren den Fragen nach in dem Spannungsfeld der Unreinheit, dem Heiligen und der Lebenslage des Menschen im Verhältnis dazu. Im Buch Leviticus wird es ganz deutlich: das Unreine muss beseitigt sein, bevor der Mensch sich der Gemeinschaft, und besonders der religiösen Gemeinschaft im Tempel wieder nähern darf. Unrein, das konnte vieles bedeuten. Gegenstände, Häuser, Plätze und vor allem Menschen konnten unrein werden und man befürchtete eine Schwächung der Gemeinschaft. Vor allem galt es, das Unreine vom Heiligen – dem Tempel – fernzuhalten. Die Gemeinschaft schützte sich durch Ausschluss und Quarantäne der Betroffenen. Trat die Heilung ein, waren Reinigungsriten und Bäder vorgeschrieben. In welcher Verzweiflung fand sich also ein Mensch wieder, der unrein geworden war, besonders in Krankheitsfällen, denen man hilflos gegenüberstand. Allein, ausgeschlossen, obendrein mit der Pflicht, auf die eigene Situation zum Schutz der anderen hinweisen zu müssen.
Wie soll man sich da eine Zukunft vorstellen? Wie soll man da hoffen, dass alles wieder gut wird?
Kein Wunder, dass der aussätzige Mann vor Jesus auf die Knie fällt. So schlimm ist es, dass er nicht mehr stehend bitten kann, dass ihn die Kräfte verlassen angesichts der Ausweglosigkeit seiner Lebenslage. Und angesichts der großen Hoffnung, die er Jesus gegenüber hegt. Jesus versteht das sofort, so, wie er immer sofort das Leiden der Menschen mitfühlt. Er hilft ihm, so, wie er immer Leidenden hilft. Das Ungeheuerliche an dieser Begegnung ist nicht nur, dass der Mann Heilung erfährt, sondern, dass hier das Unreine dem Heiligen –Jesus- ganz nahekommt, und dass es Jesus ist, als der Inbegriff des Heiligen, der sich dem unrein Gewordenen heilend zuwendet. Jesu Wille, den er ja ausdrücklich bekundet: Ich will – werde rein, Jesu Wille also, die Menschen hereinzuholen ins Reich Gottes ist unübersehbar. Nur darum geht es ihm: Niemand soll zurückgelassen werden. Deshalb schärft er dem Mann auch ein, diese Erfahrung unbedingt für sich zu behalten. Es geht ihm nicht um Wunderheilerei, wie vielen seiner Zeitgenossen, die sich dafür auch bezahlen ließen. Ihm geht es um die Gemeinschaft der Gläubigen. Deshalb auch der Hinweis auf die Vorschriften des Mose, denn Jesus will eben kein Aufsehen erregen. Aber die tiefe Erfahrung des heilenden liebenden Gottes, die der Mann hier macht ist viel zu groß, als dass sie in sein Herz passen würde. Natürlich erzählt er das überall. Die Kunde vom liebenden Vater, der seine Kinder sucht und ihnen hilft ist viel zu bewegend, als dass darüber geschwiegen werden könnte. Auch für uns liegt darin eine frohe Botschaft: Jesus wird auch uns immer die Hand reichen, auch wenn die unsere einmal „unrein“ sein sollte.
Freilich hat dieses Wort für uns heute nicht mehr dieselbe Bedeutung wie für die Menschen der Antike und bestimmt können wir auch nicht mehr wirklich nachfühlen, was „unrein“ für sie bedeutete, aber vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Entscheidend ist vielmehr, dass Jesus diese Einteilungen überwindet und den Menschen sieht und annimmt. Jesus bindet uns ein ins Reich Gottes und sortiert nicht aus. Einbindung und Erlösung statt Ausgrenzung und Angst. Das könnte ein Weg sein.
(Sabine Langhans)
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