Laut Wikipedia ist die Posse ein „derbes Bauernstück“, also ein Theaterstück, bei dem zotige Witze gerissen werden und der Liebhaber sich im Schrank versteckt. Das schenkelklopfende Publikum verspricht sich von so etwas einen unbeschwerten, heiteren Abend. Als „Posse um eine Hochzeit in Quickborn“ bezeichnete das Hamburger Abendblatt diese Woche einen Vorgang, der mit solcherlei Amusement gar nichts zu tun hat. Es ging um zwei wichtige Termine, die vor einem Jahr irrtümlich unabgesprochen zugesagt wurden und nicht miteinander in Einklang zu bringen waren. Ein Brautpaar wollte am Pfingstwochenende seine Trauung in der Marienkirche in Quickborn feiern. Am Pfingstsonntag sollte der Gottesdienst in der gleichen Kirche im ZDF übertragen werden. Jetzt ist eine Fernsehübertragung keine Kleinigkeit. Bereits Tage vorher wird die Technik aufgebaut und am Samstag vor der Übertragung finden laufend Proben in der Kirche statt.
Welcher Termin hat Vorrang? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Natürlich sollen Brautpaare in „ihrer“ Kirche heiraten können. Das ist sogar vom Kirchenrecht vorgesehen, welches nur in Ausnahmefällen eine Trauung in einer fremden Kirche zulässt. Die Brautleute sind Teil der Gemeinde und sollen dort auch ihre Verwurzelung finden. Die Trauung ist kein „Event“, für den einfach der eben passende Rahmen gesucht wird, sondern ein entscheidender Schritt im weltlichen und geistlichen Leben der Christen.
Aber auch ein Fernsehgottesdienst ist mehr als ein „Event“. Jeden Sonntag sehen rund 800 000 Menschen die Übertragung im ZDF. Es sind vor allem ältere Christen, die nicht mehr am Gottesdienst ihrer Gemeinde teilnehmen können. Das Fernsehen ermöglicht es ihnen, mit ihrer Kirche in Kontakt zu bleiben. Auch der Fernsehgottesdienst ist also ein seelsorgliches Projekt. Für eine Gemeinde bedeutet die Ausrichtung eine Menge an zusätzlicher Arbeit und Vorbereitung. Die Quickborner waren bereit, diese Arbeit auf sich zu nehmen. Viele hatten sich auf die Übertragung gefreut.
Nun ist die Sache entschieden. Aufgrund der Berichterstattung im Abendblatt hat das Erzbistum Hamburg angekündigt, sich vom Fernsehprojekt zurückzuziehen und nach einer anderen Kirche zu suchen. Dass das Abendblatt, das sich hier als Wohltäter im Sinne des Brautpaars inszeniert, damit eigene Ziele verfolgt, scheint ebenfalls klar. Die Reporter selbst waren auf das Brautpaar zugegangen um ihre Geschichte zu „verkaufen“. Erst so entstand die „Posse“, die (natürlich) ein Happy-End aufzuweisen hat: Das Abendblatt besiegt das Erzbistum und das ZDF – das Brautpaar ist glücklich.
Mir kam das Wort aus dem Römerbrief in den Sinn: „Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Traurigen“. Ich bin froh, mit dem Brautpaar eine Hochzeit ohne Druck und Stress feiern zu können. Und ich bin traurig, weil es mir mit denen Leid tut, die sich bereits für die Fernsehübertragung engagiert haben und jetzt enttäuscht sind. Wir werden Pfingsten dieses Jahr als das feiern was es ist: als feierliches Hochfest im Kirchenjahr – ohne Fernsehen, aber als gemeindliche Versammlung um Jesus Christus.
(Pfarrer Dr. Georg Bergner)
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