Liebe Schwestern und Brüder,
vielleicht kennen Sie diese Geschichte: Ein junger Mann betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand ein Engel. Hastig fragte er: “Was verkaufen Sie, mein Herr?” Der Engel antwortete freundlich: “Alles, was sie wollen.” Der junge Mann begann aufzuzählen: “Dann hätte ich gern das Ende aller Kriege in der Welt, Beseitigung der Umweltzerstörung und -verschmutzung, Bekämpfung der Armut, mehr Verständnis und mehr Versöhnung der Menschen untereinander und – und dann noch…” Da fiel ihm der Engel ins Wort und sagte: “Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen hier keine Früchte. Sie erhalten hier den Samen.”
Diese Geschichte leitet uns hin zu einer Einsicht, die für unser christliches Glaubensverständnis ganz wichtig ist: Jesus ist nicht gekommen, um alle Probleme auf der Welt zu lösen. Jesus ist vielmehr gekommen, um in der Welt den Gott der Liebe sichtbar werden zu lassen. Machen wir also für alle Probleme in der Welt nicht allein Gott verantwortlich. Die meisten Probleme sind hausgemacht, sie gehen vom Menschen aus.
Die Worte des heutigen Evangeliums (Joh 17,1-11a) geben uns einen wichtigen Hinweis. Im Gebet bringt Jesus seinen Sendungsauftrag vor seinen himmlischen Vater. Jesus versteht sich selbst als der vom Vater ausgehende Sohn, der in die Welt gekommen ist, um den Vater zu verherrlichen, indem er den Menschen ewiges Leben bringt. Jetzt am Ende seiner irdischen Lebenszeit sieht er diese Sendung erfüllt. Er kehrt heim zum Vater im Himmel.
Was Jesus uns in seinem Wirken hinterlassen hat, haben nun wir in unserer Freiheit durch Glaube, Hoffnung und Liebe weiterzutragen. Von daher haben wir Christen es leicht: Wir glauben nicht allein an die Existenz Gottes. Sondern wir Christen wissen auch, dass dieser Gott unter uns gelebt hat, er hat uns gezeigt, wie er sich das Zusammenleben der Menschen vorstellt und was er noch alles mit uns vorhat.
Das ist unser aller gemeinsame Sicht. Und es tut gut, diese gemeinsame Sichtweise im Geist der Ökumene zu leben. Auch ein Kirchentag, wie der in Berlin und Wittenberg, ist mit vielen ökumenischen Impulsen durchwoben und er hat viele jener bedrängenden Fragen wie Kriege, Umweltzerstörung, Armut und andere Konflikte erörtert, die in der gehörten Geschichte aufgeworfen wurden. Gott sei Dank, dass wir nach so vielen Jahrhunderten der Auseinandersetzungen mehr und mehr unsere Gemeinsamkeiten entdecken, betonen und in vielen Bereichen eine gleiche Sichtweise des Lebens haben.
Unsere Rückbesinnung kann dabei auf niemanden anderes zurückgreifen als auf Jesus Christus. In Apostelgeschichte (1,12-14) hören wir, wie die Jünger nach der Himmelfahrt Jesu sich mit Maria, der Mutter Jesu, zusammensetzen und miteinander beten. Sie beten um den verheißenen Geist, den Beistand. Entsprechend beten wir auch heute: “Komm, Heiliger Geist, unserem Denken und Tun mit deinen Eingebungen zuvor und begleite es, damit alles, was wir beginnen, bei Dir seinen Anfang nehme und durch Dich vollendet werde.”
Lasst uns also den Samen des Glaubens im ökumenischen Geist ausstreuen – gerade auch heute. Dann verwirklicht sich, was Jesus uns vorgelebt hat: die Liebe Gottes zu uns wurde durch ihn sichtbar. Durch unser Zutun wird dieser Same christlichen Glaubens vielfältige Frucht bringen.
(Pfarrer Wolfgang Guttmann)
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