Die Farben des Advent

wdw„Bring Farbe ins Spiel“ ist wohl eines der wahrsten Sprichwörter, die es gibt. Farben wirken auf Menschen und lösen Emotionen aus, die vielseitiger gar nicht sein können: Freude, Heiterkeit, Harmonie, menschliche Nähe, Aufregung, aber auch Nachdenklichkeit, Distanz und Zurückhaltung.

Unsere Kirche ist heute ausgeleuchtet mit unterschiedlichen Farben, die uns alle etwas sagen wollen, uns auf das große Fest der Menschwerdung Gottes einstimmen, aber uns auch Aufforderung und Mahnung sein wollen. Farben wirken durch ihr Licht, durch hell und dunkel, sie gehen ineinander auf, vermischen sich und erzeugen dadurch neue Bedeutungen. Advent ist genau diese Zeit des unterschiedlichen Lichts, das auf das weiße Licht von Weihnachten einmünden will. Lassen Sie sich einmal darauf ein, lassen Sie sich einmal berühren davon, wenn Meditationen zu diesen Farben erklingen. Wir fangen auch gleich damit an:

Meditation 1: Violett / lila

Jetzt darf es anders werden. Endlich! Farben mischen sich ein. Überall kommen sie hervor. Sie treten gegen die Nacht an: Aufstand gegen das Novemberdunkel. Langsam, aber sicher: Neuanfang. Aufbegehren hat eine Farbe. Es sieht lila aus. Früher erschraken Männer, als die Frauen begannen, lila Hosen anzuziehen und von ihren Rechten zu reden.

Die Tradition des Violetten ist alt: violett enthält „Purpur“, eine in früheren Zeiten überaus teure Beigabe. Für Könige bestimmt. Violett ist aber auch die Farbe der Fastenzeit. Der Advent gehört dazu: gemeint ist damit Einkehr und Innehalten. Buße gehört auch dazu. Ein altes Wort. Aber es ist aktueller denn je und meint: Umkehr und Neuausrichtung.

Wenn es lila wird, dann wird mit Farbe gespielt. Mehr feuerrot oder mehr himmelblau? Lila ist nicht eindeutig. Es gibt viele Nuancen und Übergänge. Vom vertrauten Alltag ins neue Leben, das jetzt wieder beginnt sich einzumischen. Ich nehme die violette Spur neu auf im Advent. Gott entgegenkommend. Einkehr. Umkehr. Aufbegehren im Alltäglichen.

Jetzt darf es anders werden!!

Meditation 2: Blau

Ihr Mantel ist fast immer in allen Bildern blau. Blau: Die Farbe des Meeres, dort, wo es tief ist, und die des Himmels, wenn es Abend wird. Der blaue Mantel der Maria. Er umhüllt nicht nur sie, sondern auch ihr Kind. Auf Maria kommt es jetzt an, hoch schwanger und in großer Vorfreude.

Blau, die Farbe des Vertrauens. Des Glaubens und der Treue. Manchmal möchte man in ihr versinken. Und dann weckt sie auch noch die Sehnsucht. Wie damals bei den Romantikern, die hatten ihre blaue Blume. Blau die himmlische Farbe. Galt als besonders kostbar in der Malerei. Am wertvollsten das Ultramarinblau, gewonnen aus einem Edelstein, dem Lapislazuli.

Blau die Vorfarbe des Schwarz. Wenn es kippt, kommt die große Dunkelheit. Und dann auch wieder hell und licht. Hellblau, diese zarte Farbe für kleine Jungen. Und die des Himmels, wenn die Sonne scheint. Blitzeblau.

Maria mit ihrem Mantel umhüllt dies alles. Den Glauben, die Hoffnung die Sehnsucht. Und das unendlich Kostbare. Die Kunst spricht von Marias „Himmelsmantel“.

Blau ist im Lila enthalten. Wir sind auf dem richtigen Weg. Zur Mutter und dem Kind.

Meditation 3: rot

Rot heißt Stopp! Das sagt uns die Ampel, die rote Karte, der Fliegenpilz. Rot warnt: Stopp, bis hierher und nicht weiter. Eva hat dieses Warnsignal vielleicht missachtet, als sie im Garten Eden die roten Äpfel begehrte. Zur Erinnerung an paradiesische Zeiten hängen sie heute an unseren Weihnachtsbäumen.

Und wie wäre es, das heimelige Weihnachtsrot der Äpfel, der Kerzen, der Pappsterne ernst zu nehmen?

Es zu deuten als das Feuer, das im Advent aufglüht: Achtung: Gott macht bald einen spektakulären Neuanfang! Rotwärts liegt Wärme, das Leben und die Liebe. Pulsiert das Blut.

Advent heißt auch entdecken: Es gibt ihn, den roten Faden!

Welcher rote Faden bestimmt mein Leben? Welches Feuer brennt in mir? Ich möchte mein Leben aufmischen lassen, ich brauche mehr Wärme und starke Impulse.

Auch rot ist im Lila enthalten: ohne Glut, ohne Liebe geht nichts. Wie können wir ohne Feuer brennen? Wie können wir andere anstecken?

Wofür?

Meditation grün:

Weihnachten trägt die Farbe weiß; weiß trägt alle Farben in sich, entläßt uns aber am Ausgang ins grün: Advent und Weihnachten haben einen Auftrag an uns, eine Sendung.

Grün ist normal, eine völlig unaufgeregte Farbe. Grün ist unproblematisch und signalisiert den Alltag. Wenn nichts Besonderes los ist, ist alles im grünen Bereich.

Weihnachten wird neu die Hoffnung gepflanzt, dann ist die Zeit der aufgehenden Saat: alles wird grün. Noch grün hinter den Ohren brauchen wir Zeit zu reifen. Grün macht Mut, Neuanfang ist möglich.

Wünsche Träume und Pläne, Vorsätze und Ideen können aufkeimen, neues Leben entfaltet sich und wächst. Grün schaltet auf freie Fahrt, grünes Licht heißt: in Betrieb!

Frische und Natürlichkeit zeigen sich in der Hoffnungsfarbe, jährliche Erneuerung und Heilung: Grünkraft. So nannte Hildegard von Bingen die heilende Wirkung des Grüns. Grünkraft fördert die Konzentration auf das Wesentliche, schärft den Blick, ohne ihn anzustrengen. Grün sorgt für Ausgeglichenheit, besänftigt und gibt Frieden. Grün bringt Natur und Mensch zum Blühen, schenkt Atem.

Grün leben heißt: Schöpfung bewahren, grün fühlen, Hoffnung haben, Segen sein, Sendung sein.

Dr. Christoph Balbach

Quellen: aus dem Kalender „der andere Advent“

mit:  Frank Howaldt,  F. Hofmann,  I. Macke,  S. Schäfer-Kehnert