Sternsinger

Liebe Schwestern und Brüder!

Am Sonntag, 10. Januar, ziehen Mädchen und Jungen als Sternsinger wieder durch unsere Straßen. Diese Art der Verkündigung gehört zu den sehr erfreulichen Wirkungsfeldern der Seelsorge. Die heranwachsende Generation mit auf den Weg zu nehmen, indem sie eine sinnvolle und heilige Botschaft verkünden (kein Vergleich zum hohlen ‚Halloween‘!) und dabei die Erwachsenen ermutigen, ihr Herz und somit ihre Geldbörse zu öffnen, „damit Kinder auch heute leben können“, hat für alle Beteiligten viel Bereicherndes.

Die Sternsingeraktion hat ihren Ursprung in der Welt der Bibel. Durch die Heilige Schrift wissen wir, dass eine Gruppe von Personen zum neugeborenen Jesuskind nach Bethlehem zog. Allerdings waren es nicht Könige, wie es die christliche Tradition verbreitete, sondern „Sterndeuter“ (Mt 2,1). Von der Anzahl „3“ ist ebenso nicht die Rede, auch wenn sie mit drei Geschenken, nämlich „Gold, Weihrauch und Myrrhe“ (Mt 2,11) das Kind in der Krippe besuchten. Erst recht kennt die Bibel nicht die Namen der hohen Persönlichkeiten. Die Namen „Caspar“ (persisch: Schatzmeister), „Melchior“ (hebräisch: König des Lichtes) und „Balthasar“ (hebräisch: Gott wird helfen) wurden ihnen erst im Laufe der Kirchengeschichte zugesprochen.

Und was hat es mit deren Hautfarbe auf sich? So unterschiedlich, wie durch Krippen dargestellt, wird die Hautfarbe der Sterndeuter nicht gewesen sein, denn sie kamen gemeinsam aus dem „Osten“ (Mt 2,1). Ihre Herkunft wird das Zweistromland Euphrat–Tigris, also die heutigen Gebiete von Irak und Iran gewesen sein. Die Wissenschaft der Sternbeobachtungen konnte dort bereits auf eine lange Tradition zurückblicken. Rückschlüsse allerdings auf unterschiedliche Hautfarben zu machen, sind biblisch nicht begründbar.

Als Kind machte ich mir früher keine Gedanken, wenn ich staunend vor der Krippe kniete und die eigentlich aus dem Orient kommenden Gestalten mit jeweils weißer, brauner und schwarzer Hautfarbe entdeckte. Erst wenn man als Erwachsener um die mit Gehässigkeiten belasteten Konflikte der Menschen unterschiedlicher Kulturen und Rassen weiß, nimmt ein Gläubiger wohltuend wahr, wie pädagogisch klug im Krippengeschehen die Weite der Menschheitsfamilie im Geist der Verständigung und des Friedens in Erscheinung tritt.

Wie in einer Vision in die Ewigkeit hinein weiß die Bibel zu erzählen von einer großen Schar „aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen“ (Offb 7,9). Verständlich, dass kreative Geister christlicher Kunstgeschichte sich Gedanken machten, wie unterschiedliche Vertreter der unübersehbaren Völkerfamilie vor dem Sohn Gottes, dem Schöpfer und Erlöser aller Menschen, anbetend niederknien.

Wenn nun Mädchen und Jungen während der Sternsingeraktion in verschiedenen Hautfarben auftreten, dann entdecke ich darin immer auch eine Anfrage, wie wir mit den aus dem Ausland Kommenden umgehen. Vor Gott gibt es nun einmal keine Ausländer, denn, gleich wo wir herkommen und wer wir sind, wir sind „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (vgl. Eph 2,19). Bereits im Ereignis von Bethlehem, hervorgehoben durch die christliche Kunstgeschichte, tritt das Geheimnis der Weltkirche in Erscheinung. Schon im Krippengeschehen will unser Blick in alle Himmelsrichtungen ausgeweitet werden, damit bei allen Betrachtenden und Betenden eine Ahnung davon aufkommt, wie weltumspannend das himmlische Geschenk göttlicher Erlösung ist. Die Bereitschaft liegt daher nahe, unsere Gabe bereit zu halten für die armen Kinder in der Welt, gleich wo sie wohnen und welche Hautfarbe sie besitzen.

So öffnen wir den Sternsingern unsere Häuser und Wohnungen und lassen uns von Ihnen an unsere Türen das Zeichen christlichen Segens anbringen: 20 + C + M + B + 16: Christus Mansionem Benedicat = Christus segne dieses Haus. Diesen Segen wünschen wir auch jenen, denen unsere Gabe und unser Gebet gelten.

Pfarrer Wolfgang Guttmann