Liebe Schwestern und Brüder,
„Schenke mir, Herr, ein hörendes Herz“ (1 Kön 3,9a) wird König Salomo an Gott seine Bitte richten. Angesichts der anstehenden Aufgaben seinem Volk gegenüber fühlt sich der Sohn Davids noch zu jung und richtet daher diese Bitte an Gott. Gott gefällt diese Bitte.
„Schenke mir, Herr, ein hörendes Herz“. Normalerweise schlägt ein Herz im bestimmten Rhythmus, für das Hören ist das Ohr zuständig. Wenn beide Organe jedoch im Einklang stehen, erreicht eine wahrnehmbare Stimme nicht allein das Ohr. Es wandert tiefer bis in die Tiefenschichten des Herzens.
Auch Maria, deren Geburtsfest wir in diesen Tagen (08. Sept.) feiern, ist uns in der Bibel überliefert als eine Hörende. Sie lebte mit dem Volk Gottes in der biblischen Erwartung, dass der Messias einmal zeitnah kommen werde. Ihr Hören besaß daher eine eigene Wahrnehmung.
Die Stimme Gottes ist auch heute zu vernehmen. Zunächst ist man verunsichert und weiß nicht, wie man damit umgehen soll. Ob es Kriterien gibt, an denen sich ein Hörender orientieren kann? Wenn es ein Kriterium gibt, dann ist es die Heilsbotschaft der Bibel. Wenn also die Botschaft, die ein hörendes Herz vernimmt, identisch ist mit dem, was uns die Heilige Schrift als Heilsbotschaft vermittelt, dann kann es nur etwas Gutes sein.
Auch heute spricht Gott zu den Menschen. Ob wir das hören und aushalten wollen? Nicht wenige wollen andere Stimmen wahrnehmen und laufen weg. Es kann einem aber nur gut tun, die Botschaft Gottes aushalten. Halten wir also unser inneres Ohr geöffnet, horchen wir auf das, was Gott uns sagen möchte. Und wenn es der biblischen Heilsbotschaft entspricht, dann können wir, wie Maria, „Ja“ zu sagen zu Gott und seinem göttlichen Willen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass in stillen Augenblicken Gott auch heute zu einem jedem von uns spricht. Oft reagieren wir unbewusst und tun das Richtige, ohne dass uns bewusst wird.
Es gibt Menschen, die beispielsweise deswegen zu einer stillen Stunde eine Kirche aufsuchen, um das eigene hörende Herz feinfühlig zu machen und einzustellen auf das, was Gott einem sagen will. Hier am heiligen Ort kann jeder sein Herz ausschütten und Gott im Gebet ganz viel entgegenbringen. Dabei mag jeder auch an sich selbst denken, an sein eigenes Leben und alles, was einen bewegt und vor Gott zu tragen ist.
Es werden dabei aber auch jene Menschen in den Sinn kommen, die einem viel bedeuten und die, durch welche Umstände auch immer, das eigene Leben bewegen. Dabei werden die berechtigten Anliegen der Mitmenschen berücksichtigen, ihre Klagen sowie ihre Bitten um Beistand. Damit verbunden sein kann das Hören auf jene Stimme, die Gewissheit gibt, dass eine persönliche Berufung wachsen kann, wo eigene Talente zur Entfaltung kommen und anderen geholfen werden kann.
„Schenke mir, Herr, ein hörendes Herz“. Versuchen wir es mal. Suchen wir einfach mal zu einer stillen Stunde eine Kirche auf und öffnen wir unser Herz wie ein aufnahmebereites Ohr. „Selig, die das Wort Gottes hören und danach handeln“ (Lk 8,21), wird Jesus sagen. Uns allen ist, gleich welchen Alters wir sind, ein Ohr geschenkt und ein Herz. Uns sei zudem ein “Hörendes Herz” geschenkt. Es darf die göttlichen Worte aufnehmen, in unserem Herzen bewahren, um nach den Heilsworten Gottes zu handeln.
Pfarrer Wolfgang Guttmann