Liebe Schwestern und Brüder,
in einem ihrer Bücher schreibt Luise Rinser (1911-2002) von ihren Erfahrungen mit der hl. Eucharistie. Sie ist bei der Frühmesse bei den Benediktinern in Rom: „Die große Kirche ist fast leer. Die Studenten der Benediktiner-Universität sind noch in den Ferien. Einige Brüder knien im Schiff, und wir zwei Stammgäste: die alte Potiersfrau und ich, nebeneinander schweigend, befreundet seit Jahren, eine die andere sorgenvoll vermissend, wenn jemand mal fehlt. Meine alte Freundin neben mir weiß nichts von theologisch so komplizierten Begriffen wie Transsubstantiation, Real-Präsenz oder hypostatischer Union. Ich fragte sie, wie denn ihr Gott da sei in diesem weißen Brot. Sie macht bei ihrer Antwort keine Umschweife, ihr Herz weiß die Wahrheit: „Christus ist da, Gott ist da, das ist es.“ Gott ist genießbar, Gott ist tägliches Brot, Gott ist geistliches Grundnahrungsmittel unseres Lebens – das reicht. Mehr braucht man nicht zu wissen, mehr braucht man nicht zu glauben.
Wer in diesen einfachen Aussagen in seinem Herzen so zur vollen göttlichen Wahrheit findet, der glaubt in seinem Herzen genug. Der glaubt, dass Jesus den Seinen vor seinem Tod die Summe seines ganzen Lebens gegeben hat. Ob so tiefgründig schon die Jünger im Abendmahlssaal nachgedacht haben? Der Herr ist da: „Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut“. Und was Jesus sagt, das gilt. Das ist es, was wir am Fest Fronleichnam feiern.
Als vor mehr als 700 Jahren das Fest Fronleichnam eingeführt wurde, gab es eine ganz andere Form von Eucharistiefrömmigkeit. Der Kommunionempfang der Gläubigen fand selten statt. Ein Kirchengesetz musste die Gläubigen ermahnen, wenigstens einmal im Jahr, vornehmlich zu Ostern zur Kommunion zu gehen. Grund für den seltenen Empfang der hl. Kommunion war nicht Gleichgültigkeit oder Unglaube. Im Gegenteil! Die Gläubigen hatten eine so große Ehrfurcht vor dem eucharistischen Brot, dass sie sich unwürdig fühlten, dieses Brot überhaupt zu empfangen. Immer mehr Gläubige beschränkten sich auf die Verehrung der hl. Kommunion mit den Augen sowie im Gebet in Andachten und Anbetungsstunden.
Die Zeiten haben sich geändert. Das Fest Fronleichnam besitzt dennoch einen festen bleibenden Sinn. Es ist ein Fest der Gegenwart Gottes, nicht wie am Gründonnerstag mit den Vorzeichen der Leidensgeschichte, sondern ein Festgedanke, der für sich selbst steht: wir erinnern uns an die göttliche Liebe, die umfassend ist und geistlichen Tiefgang besitzt, die einen jeden von uns meint, und die wir uns – stets auch weiterhin als Unwürdige – zu Eigen machen dürfen. Mehr braucht man nicht zu wissen. Mehr braucht man nicht zu glauben.
P.S.: In diesem Jahr wird im Pastoralen Raum Südholstein die Fronleichnamsfeier in Quickborn begangen. Zum Festhochamt, 10.00 Uhr, finden sich auch die Gläubigen aus den Gemeinden Elmshorn, Halstenbek, Pinneberg, Uetersen und Wedel ein. Zusammen mit Konzelebranten wird im Beisein von Pfarrer Langer die Fronleichnamsfeier zelebriert. In den genannten Gemeindekirchen finden am So., 07. Juni, keine Eucharistiefeiern statt.
Pfarrer Wolfgang Guttmann