Liebe Schwestern und Brüder,
Steuerhinterzieher bekommen in letzter Zeit beträchtlich Unbehagen, denn Steuersündern, wie man sie auch nennt, kommt man mehr und mehr auf die Schliche. Die Akzeptanz in der Bevölkerung zu diesem Vorgehen ist beträchtlich. Warum sollten sie ungeschoren davonkommen, während man selbst verlässlicher Steuerzahler ist.
Auch Jesus wird von den Pharisäern nach der Steuer gefragt. Seine kluge Entgegnung: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört“ (Mt 22,21). Der erste Teil der Antwort hätte bereits genügt, denn damit ist ausgesagt, dass der Kaiser nicht das Maß aller Dinge ist. Indem Jesus seine Rede mit dem zweiten Teil ergänzt, verdeutlicht der Sohn Gottes die Vorherrschaft des Reiches Gottes, was Grundthema seines Evangeliums ist.
Das Reich Gottes ist Verheißung und zugleich Anspruch, unter dem wir Christen stehen. Es schließt ein, mit unseren Möglichkeiten zu seiner Verwirklichung beizutragen. So ermöglicht die Steuer nicht allein den Aufbau einer weitgehend intakten Infrastruktur. Die Steuer ist ebenso sinnvolles Instrument zur Verteilung und Ausgleich der Güter. So werden Initiativen unternommen, um einer neuen Armut in der Bevölkerung zu begegnen und beispielsweise Flüchtlingen und Asylsuchenden zu helfen. Papst Franziskus wird nicht müde, besonders auf die Armen und Bedrängten unserer Zeit zu verweisen und ihnen unsere Hilfe nicht zu versagen.
Oft frage ich mich: Wenn Gott selber das Geld der Welt verteilen würde, nach welchem Gerechtigkeitsprinzip würde er verfahren? Hätte dann jeder genau gleich viel? Oder jeder so viel wie er braucht? Von einer Gewissheit bin ich fest überzeugt: in der Ewigkeit wird es keine Steuerabgabe mehr geben. Ob diese Feststellung Steuersündern ein Trost ist, bleibt dahingestellt. Gewiss ist: Es gibt auch heute Menschen, die sich vom Gedanken einer göttlichen Großherzigkeit leiten lassen und über die normale Steuerabgabe hinaus ihre Hände und ihr Herz öffnen für die Armen.
„Dein Reich komme“ – so beten wir im „Vater unser“. Das Reich Gottes wird einmal Wirklichkeit sein. Das Reich Gottes komme ein Stück auch durch uns.
Pfarrer Wolfgang Guttmann