Erntedank

Liebe Schwestern und Brüder,

stößt uns das Erntedankfest noch darauf, dass wir Gott Dank entgegenbringen könnten für Wasser, Luft, Wärme? Schließlich auch für die Tiere und Pflanzen, für die Früchte der Erde und alles weitere, was wir zum Leben brauchen?

Die Lebensmittelangebote quellen bei uns über. Dabei vergessen wir nicht die ekelerregenden Bilder heftiger Lebensmittelskandale. Hinzu kommt die Debatte um Deklarationspflicht gentechnisch veränderter Produkte sowie eine verlässliche Auskunft über die Herkunfstländer der Lebensmittel. Der Überfluss lenkt zugleich unseren Blick auf den Skandal katastrophaler Hungersnöte. Unzählige fallen ihnen täglich zum Opfer. Ein solcher Tag wie Erntedankfest wirft berechtigterweise viele Fragen auf.

Bei allen Sorgen darf uns das Fest Erntedank nicht vergessen lassen, dankbar zu sein für die kleinen und vielleicht auch nicht mehr so selbstverständlichen Dinge des Lebens: für ein glückliches Familienleben, für gute Freunde, für Arbeit, für einen täglich reichhaltig gedeckten Tisch – und dafür, jenen Menschen, wo auch immer sie leben, helfen zu können, die vieles davon nicht haben.

Übrigens ist jedes von uns gesprochene Tischgebet ein kleines Erntedankfest. Wie wäre es mit diesem Tischgebet:

Gütiger Gott,
Dein Sohn Jesus sagt uns:
„Selig die hungern und dürsten
nach der Gerechtigkeit,
denn sie werden satt werden“ (Mt 5,6).
Wir danken für die Gaben Deiner Schöpfung,
die fleißige Hände für uns zubereitet haben.
Lass uns aber nie so satt werden,
dass wir nicht mehr Ausschau halten
nach Deiner Gerechtigkeit
und nach Deinem Frieden.
Darum bitten wir durch Christus,
unseren HERRN. Amen

Pfarrer Wolfgang Guttmann