Der Musiker Terence Trent D’Arby wurde in den 80er Jahren als neue Sensation am Musikhimmel gefeiert und galt den Kritikern schon als neuer Michael Jackson. Im Grunde hatte er aber nur einen Hit. Der aber hatte es in sich. Und das liegt an der eingängigen Haupttextzeile, die ein wunderbares Bild aufnimmt. Es handelte sich um ein Liebeslied. Der Titel war „Sign your name across my heart“ – „Zeichne deinen Namen auf mein Herz“. Das ist tatsächlich Ausdruck einer großen Liebe. Geht es in anderen love-songs meist darum, die Augen, das Lächeln oder den Charakter der Angebeteten zu besingen, geht es hier sprichwörtlich tiefer. Ihr Name soll nicht nur erinnert und gepriesen werden. Er soll vielmehr den Liebenden in seinem tiefsten Inneren berühren. Der Name schreibt sich auf die Herzhaut. Er ist damit unauslöschlich eingeprägt im ganzen Wesen des Menschen. Auf dem Herzen, dem schlagenden Mittelpunkt des Menschen geht von ihm alle Lebensenergie aus.
Es wird Sie vielleicht überraschen, aber das Bild ist uralt. Schon im Hohenlied im Alten Testament wird es aufgenommen. Dort sagt der Bräutigam zur Braut: „Leg dich wie ein Siegel auf mein Herz“ (Hld 8,6). Wahre Liebe beginnt aus der Herzmitte.
Kein Wunder also, dass das Herz-Jesu-Fest ganz ähnlich von der innersten Liebe Jesu zu seinem Vater und zu den Menschen erzählt.
Aber, der Reihe nach:
Alles beginnt am Berg Sinai. Gott hatte seinem Volk das Gesetz übergeben, das mit den 10 Geboten beginnt. Es ist auf schweren Steintafeln geschrieben. Die Aufgabe des Volkes bestand darin, dieses Gesetz zu lernen, vor allem aber, nach dem Gesetz zu leben, d.h. den Willen Gottes zu erfüllen. Der gottesfürchtige Mensch, so die Idee, ist derjenige, der sich Tag für Tag um die Erinnerung des Gesetzes bemüht. Im Nachdenken über Gottes Wort gewinnt sein Leben Gestalt. Noch heute tragen die Juden beim Gebet als Ausdruck dafür die sogenannten „tefilin“, die Gebetriemen. An ihnen sind Kapseln befestigt in denen ein kleines Pergament mit zwei Kernsätzen des Gesetzes enthalten sind. Die eine Kapsel befindet sich auf der Stirn, als Zeichen dafür, dass das Gesetz erinnert, bedacht, meditiert werden soll und damit das Denken bestimmt. Die andere Kapsel liegt am Arm, als Zeichen dafür, dass unser Handeln vom Gesetz bestimmt werden soll. Einer der Texte ist das Glaubensbekenntnis Israels aus dem Buch Deuteronomium. In ihm heißt es: „Höre, Israel! Der HERR, unser Gott, der HERR ist einzig. Darum sollst du den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Und diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen (Dtn 6,4ff.).“ Also auch hier die Rede vom Herzen: „Sign your word across my heart.“ Solange das Wort Gottes nicht im Herzen angekommen ist, ist es unvollständig verstanden.
Jetzt war die Erfahrung Israels, dass es mit dieser Verinnerlichung des Gesetzes nie so ganz klappte. Immer wieder weichen die Menschen vom Gesetz ab. Die Propheten kündigen daher an, dass Gott seinen Bund vom Sinai irgendwann erneuern wird. Dann wird das Gesetz nicht mehr auf Tafeln von Stein geschrieben sein, sondern wird Israel direkt ins Herz gegeben. Bei Jeremia heißt es: „Sondern so wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe – Spruch des HERRN: Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben und werde sie auf ihr Herz schreiben“ (Jer 31,33). Also wieder: „Sign your word across my heart“. Irgendwann wird der Bund vollkommen sein, wenn er tatsächlich im Herzen angekommen ist. Wo dies der Fall ist, werden wir Gott so verstehen, wie er wirklich ist.
Daher das Herz-Jesu-Fest: Am Kreuz zeigt Jesus in seinem durchbohrten Herzen das wahre, tiefste, inniglichste und vollkommenste Verständnis Gottes. Er und der Vater sind eins. Die Wirklichkeit des neuen Bundes hat begonnen. Das Johannesevangelium drückt dies im Bild so aus: Am Kreuz wird die Seite Jesu durchstoßen, so dass Blut und Wasser daraus hervorfließen. Blut – das ist das Zeichen des Bundes mit Israel am Sinai, der mit dem Blut der Opfertiere besiegelt wird (Ex 24). Wasser – das ist das Zeichen der Taufe und damit des erneuerten Bundes. Im Zeichen des Wassers werden die Gläubigen der kommenden Zeit in den Bund und damit in die Lebensgemeinschaft mit Gott aufgenommen. Gott schreibt sich auf das Herz. Am Kreuz öffnet er uns die Augen und den Verstand für sein wahres Wesen: Hingabe, Dienst und sich verschenkende Liebe. Die Verehrung des Herzens Jesu ist also die Verehrung eines Gottes, mit dem wir unser Leben teilen, der sich als Liebender über uns Herz schreiben möchte.
(Pfarrer Dr. Georg Bergner)
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