Neujahr

Am Beginn meiner Firmvorbereitung wurden wir Firmbewerber aufgefordert, einen Gegenstand mitzubringen, der uns charakterisiert. Einer der Erwachsenen, die uns begleiteten, brachte seinen Terminkalender mit. Er sagte: Mein Leben wird zur Zeit von meinem Kalender bestimmt – Arbeit, Familie, Ehrenamt, Freizeit – alles muss ich planen, sonst finde ich dafür keine Zeit. Ich konnte das damals nicht verstehen. Ich besaß keinen Terminkalender. Ich war auch ohne ihn immer gut beschäftigt. Und gefühlt hatte ich trotzdem immer Zeit.

Mittlerweile verstehe ich unseren Begleiter von damals besser. Auch bei mir hat der Kalender mehr und mehr das Regiment übernommen. Wenn ich auf die vielen Kalender und Terminlisten in unserem Pfarrbüro schaue habe ich den Eindruck – das neue Jahr ist schon so gut wie gelaufen. Die Zeit ist verplant, der Kalender gefüllt. Das muss auch so sein. Der gefüllte Kalender ist ein Statussymbol. Nur arme und einsame Menschen haben keine Termine.

Die Bibel hat da ein anderes Zeitverständnis. Mit Bezug auf Jesus Christus spricht sie immer wieder von der Erfüllung der Zeit. Der Epheserbrief sagt es so: “Gott hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, das All in Christus als dem Haupt zusammenzufassen, was im Himmel und auf Erden ist, in ihm” (Eph 1,10). Die Vorstellung ist: Die Geschichte kommt an einen Punkt, an dem alles getan und gesagt ist. Es gibt kein Warten mehr.

Die erfüllte Zeit ist von der gefüllten Zeit deutlich unterschieden. Hier geht es um eine Qualität, nicht um eine Quantität. Es zählt nicht, was man zählen kann, sondern, was ist. Eine solche Zeit kann man nicht in den Kalender eintragen. Sie ereignet sich. Für einen Augenblick muss nichts mehr getan oder gesagt werden. Aus solchen erfüllten Zeiten wird ein erfülltes Leben. Und glücklich ist, wer in einem solchen Moment nicht gleich schon wieder zum nächsten Termin weiter muss.

(Pfarrer Dr. Georg Bergner)